Newsletter Tauben December 2012

Die Zeiten ändern sich.

Ich möchte in dieser Artikel ein anderes Thema zur Sprache bringen als Sie von mir bis jetzt gewöhnt sind. Wahrscheinlich werden Sie die Folgen vom heutigen Thema innerhalb kürzeste Zeit auch im Taubensport spüren.

Der Grossteil als Tierarzt beschäftige ich mich mit der Begleitung von Tauben. Dazu bin ich auch noch beschäftigt als Allgemeinmediziner. Und ein Teil dieser Arbeit besteht anno 2012 aus die medizinische Begleitung von einigen Rindviehhalter.

Seit 1. Januar 2012 muss jeder Tierarzt der seinen Beruf auf einen Rindviehhof ausüben will ein sogenanntes eins auf eins Verhältnis mit diesem Viehhalter angehen. Dazu muss dieser Tierarzt aufgenommen sein in das sogenannte Register Geborgde Dierenartsen. Eine Ausnahme wird gemacht für Notfälle im Notdienst. In diesen Fällen darf auch ein anderer Tierarzt, der bekannt sein muss, die notwendige Hilfe leisten.

Um in dieses Register aufgenommen zu werden muss der Tierarzt mehrere Voraussetzungen entsprechen und eine davon ist das folgen von bestimmte (verpflichtete) Kurse für die registrierung. Letztens wurde ich zusammen mit andere registrierte Tierärzte eingeladen um eine verpflichtete Fortbildung zu machen in Bezug zum Formularium Rindvieh. Diese Formularia enthalten aufgelistet die Antibiotika die für eine bestimmte Krankheit als erste, zweite oder dritte Wahl Mittel benutzt werden müssen. In den letzten Jahren sind diverse Formularia aufgestellt worden für unterschiedliche Tierarten. So gibt es Formularia für Pferde, für Hunde, für Kaninchen, für Geflügel usw. Bis vor kurzem gallten die in diese Formularia genannte empfehlungen vor allem als dringender Rat im Bezug zu dem Gebrauch von Antibiotika für die bezügliche Tierart.

Das Formularium für Rindvieh ist inzwischen verbindlich geworden. Man muss als registrierter Tierarzt eine Begründung haben um ab zu weichen von ein erste Wahl Mittel um sich dann für ein zweite oder dritte Wahl Mittel zu entscheiden.

Leitend beim verbindlich erklären von die im Formularium genannte Antibiotica ist eine Verschiebung in der Annäherungsart der Behandlung der Tiere.

In den letzten Jahren haben wir regelmässig in den Medien Artikel und Informationen sehen können über resistente Bakterien. Denken Sie zB. an die MRSA und die ELBL Bakterien. Das allgemeine Gefühl hierbei ist dass wir alle diese Bakterien nicht wollen. Stellen Sie sich mal vor es ist Ihr Sohn oder Tochter oder Vater oder Mutter die sich so eine Bakterie zugezogen hat. Das wollen wir alle nicht. Aus dieser Perspektive gesehen, zu Recht.

Unsere damalige Ministerin Verburg von Landwirtschaft hat deswegen den Startschuss gegeben um die humane Gesundheit zu schützen und die Nahrungssicherheit weiter zu verbessern.

Dieser Ausgangspunkt ist in der letzten Zeit dann auch verbindlich erklärt innerhalb der Tierheilkunde. Die Tiergesundheit kommt infolge dessen an dritte Stelle. Das eine oder andere ist momentan also schon leitend im Geflügelsektor, Schweinesektor und Rindviehsektor. Letzte Woche hörte ich auf eine Taubenmesse noch die Standardbemerkung dass jeder weis dass im Geflügelsektor massal Antibiotika benutzt werden. Ich dachte: "Vorurteile sind verdammt hartnächkig. Jetzt sind aber Köln und Aachen auch nicht an einem Tag errichtet worden, aber die emsige Art worauf in den Niederlanden das Abbauen der benutzung von Antibiotika erzwungen wurde hat internationalen Respekt abgewonnen. Die Deutsche, Französische und Belgische Behörden haben inzwischen dann auch schon informiert wie die ‘Holländer' dies so schnell hingekriegt hatten. Ähnliche Entwicklungen werden also auch in diese Länder schnell folgen.

Zurück zum Formularium. Der registrierter Tierarzt in den Niederlanden ist also ab jetzt gezwungen sich zu halten an die benutzung von erste Wahl Mitteln bei der Behandlung von Tierkrankheiten. Für jede Krankheit werden einzeln erste, zweite und dritte Wahl Mittel genannt. Da wo es früher an den Sachverstand und Fähigkeit des Arztes überlassen wurde welches Mittel benutzt werden musste, ist es ab jetzt also mehr reguliert.
Die sogenannte zweite- und dritte Wahl Mittel dürfen nur noch benutzt werden wenn die Notwendigkeit hierzu fest steht. Das heist in der Praxis dass eine bakteriologische Untersuchung stattgefunden haben sollte wobei festgestellt wurde dass ein zweite oder dritte Wahl Mittel notwendig ist. Diese Untersuchungen sollen stattfinden in dazu validierte Labore. In unsere Klinik werden seit Jahr und Tag bakteriologische Untersuchungen und Resistenztests gemacht, aber wie es scheint ist dies nicht ausreichend Grund um ab zu weichen von der benutzung von den erste Wahl Mitteln.

Rein theoretisch ist es ein gutes System. Gezielt auf das zurückdringen der Resistenz. Etwas dass wir alle wollen, denn niemand möchte das er oder sie selber oder seine oder ihre Geliebten sterben durch Bakterien die fast nicht mehr zu bekämpfen sind.

Ich sprach auf der Fortbildung mit einem Kollegen der als anerkannter Pferdetierarzt arbeitet. Das Formularium für Pferde ist auch da in grossen Zügen verbindlich. Praktisch begegnen diese Pferdetierärzte öfter Krankheiten wobei erste Wahl Mittel so gut wie keine Wirkung mehr haben. Sie stehen dann auch immer öfter für ein Dilemma.

Das ist die andere Seite der Wahl die getroffen wird. Wenn man ein Fohlen hat mit einer aufkommenden Blutvergiftung und man muss als Tierarzt ein Mittel benutzen wovon man eigentlich schon weis dass es unzureichende Wirkung zeigen wird, steht man vor ein Dilemma. Einerseids will man sich an Gesetz und Regelgebung konformieren, andererseids ist man Tierarzt und will ein Tier retten. Dazu ist man ja ausgebildet. Was macht man in solchen Fällen?

Jetzt wird manch einer bei sich denken na und, das ist doch nicht mein Problem. Und das stimmt (noch). Aber inzwischen wird unter vorgehaltener Hand gehört, was natürlich schon längst zu erwarten war, dass die genannte Disziplin im Bezug zur benutzung von Antibiotica innerhalb kürzerster Zeit auch für alle andere Tierarten starten wird.
Die Formularia gibt es schon oder es wird daran gearbeitet.

Und da angekommen kann auch der Taubenzüchter nicht länger seine Augen schliessen für die sich ändernde Situation. Es ist eine Tatsache dass man dann nicht mehr sagen kann dass es weit von einem entfernt steht. Zum Beispiel das Mittel Baytril (=enrofloxacin). Uns allen bekannt. Es ist im Rindviehsektor ein sogenanntes dritte Wahl Mittel geworden. Das heisst also das es nur unter sehr bestimmte Bedingungen benutzt werden darf. Dasselbe gilt für viel mehr Mittel die auch im Taubensport öfter benutzt werden. Nun verschreibe ich selber eher selten Baytril, weil ich es bevorzuge, sicher im Taubensport, Medikamente gezielt vor zu schreiben nach einer bakteriologischen Untersuchung.

Wir haben aber im Taubensport zu tun mit eine Tierart die oft mehrere Krankheitserreger in sich trägt. Die Erfahrung hat uns gelernt dass der Gebrauch von erste Wahl Mittel in manchen Fällen nur einen beschränkten Effekt hat wenn dazu noch die Rede ist von eine geschwächte allgemeine Abwehr. Oft ist das geben von ein gezieltes Mittel gegen Krankheit A, der Anlass für die Erreger von Krankheit B um sich auch im Streit ein zu mischen. Klinisch gesehen gibt es dann keine Genesung aber eine verschiebung der Problematik.

Dies sorgt dafür dass die medizinische Vorgehensweise der Probleme bei Tauben manchmal eine andere ist als die die der Gesetzgeber als wünschenswert achtet in sein Formularium.

Für mancher Taubenzüchter wird es dazu schwer zu verkraften sein wenn seine Tauben nicht mehr ohne eine bakteriologische Untersuchung, durch ein angewiesenes Labor, mit altbekannte und meistens wirksame Mittel behandelt werden dürfen.

Beachtet man die Entwicklungen, ist dies jedoch eine Realität womit wir auch im Taubensport in Zukunft rechnung halten müssen.
Ich denke dass wir uns alle einig sind dass wir keine gefährliche Bakterien wie die ESBL, die MRSA oder die Klebsiella Bakterie die im Erasmus Krankenhaus in Rotterdam herumgegangen ist letztes Jahr, dulden müssen. Das hat jedoch in nähere Zukunft möglicherweise auch seine Konsequenzen für die Vorgehensweise von Krankheiten bei der Tierart die unser Hobby bildet.

Jahrelang haben wir uns in Beek gerichtet auf die verbesserung des allgemeinen Widerstands, mittels natürliche Unterstützung, mit als Ziel die Abhängigkeit von Antibiotika und der übermässige Gebrauch dieser Mittel zurückdrängen zu können. Auch als diese Problematik im Bezug zur Regelgebung noch gar nicht zur Sprache kam, war dies unser Ansatz. Die Praxis hat uns gelehrt das diese Vorgehensweise sicher einen Beitrag liefert an die Gesundheit der Tauben.. Natürliches Verfahren kann also einerseids eine Möglichkeit sein um die Gesundheit der Tauben präventiv zu stimulieren und das erscheinen von Krankheiten zuvor zu bleiben. Andererseids ist in Europäischer verband wieder eine andere Regelgebung in Entwicklung die der Gebrauch von natürliche Mittel stark beschränken wil. Auch in den Niederlanden wird diese Regelgebung implementiert in die bestehende Gesetzgebung.
Also links um oder rechts um wird es in Zukunft möglicherweise noch manche Kopfbrecher geben um die Tauben gesund an ihre Wettflügen mitmachen lassen zu können.

Viel Erfolg!

Peter Boskamp